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15. Dezember 2006

"Der Osten"

Wer mich und meine persönliche Situation kennt weiß wo meine Probleme in Richtung Arbeitsmarkt liegen. Und wer den Osten an sich oder auch Leipzig im speziellen kennt weiß wie sich die ganze Problematik dann noch weiter potenziert. Nachdem ich aber heute im Netz rein zufällig über die nachfolgenden Dinger gestolpert bin kann ich echt nur noch gequält aufheulen.

Es gibt da eine Firma, nennen wir sie mal “Agentur”, die in Leipzig ein Büro hat. Schon vor langer Zeit wurde mir mal irgendwo erzählt das diese Firma wohl an sich nur aus dem Chef, der Sekretärin und einem Haufen Praktikanten besteht, die regelmäßig wechseln. Ist allerdings nur Hörensagen.

Die “Agentur” ist auch relativ bekannt dafür alle verfügbaren Foren wie z.b. das schwarze Brett der Uni Leipzig oder auch diverse Praktikumsbörsen im Netz regelmäßig zuzuspammen (macht vermutlich auch ein Praktikant).

Die Anforderungen für solch einen Praktikumsplatz sind folgendermassen :

“Sie haben ein abgeschlossenes Hochschulstudium oder befinden sich in der zweiten Hälfte Ihrer akademischen Ausbildung. Dies reicht für Praktika-/Job-Bewerbungen in unserem Hause leider nicht aus. Wir erwarten von unseren Bewerbern zusätzlich nachweisbar gute Leistungen – mit aussagekräftigen Arbeitsproben und belegbaren praktischen Erfahrungen.
Dies sind Vorrausetzungen für eine Bewerbung. Zudem investieren wir Zeit und Bildung nur in überdurchschnittlich motivierte Köpfe mit starkem und selbstlosem Engagement – in Bewerber mit außergewöhnlicher Eigeninitiative sowie einer ausgeprägten Einsatzbereitschaft. Beweisen Sie uns also im Zuge Ihrer Bewerbung Ihr außerordentliches Interesse an dieser Art der Ausbildung! Nach Eignungsfeststellung ist grundsätzlich eine Tätigkeit/Ausbildung/Praktikum in allen Unternehmensbereichen möglich. (..)

Senden Sie Ihre ausführlichen Bewerbungsunterlagen – mit Arbeitsproben – und ausschließlich per eMail an xxx.

Bewerben Sie sich in den Ressorts Redaktion/ Marketing, formulieren Sie zudem ein weiterführendes Unternehmensporträt über “Agentur”.
Nutzen Sie für Ihre Recherchen das Internet. Anfragen ohne diese Probe werden nicht bewertet. Nachfolgend sehen Sie einige Ausschreibungen im Detail. Beachten Sie bitte, dass aufgrund zahlreicher Bewerbungen nicht alle Stellen verfügbar sind. Wir dreuen uns auf Ihre Anfrage.”

Schonmal deftig, oder ? Abgeschlossenes Hochschulstudium zwingend erforderlich, Berufserfahrung muss man haben (woher ?), Arschaufreissen wird sowieso verlangt und das bedeutet dann vermutlich ohne Murren jeden Tag mindestens bis acht Uhr abends arbeiten. Meistens bis zehn.

Aber, immerhin wird ja “Zeit und Bildung” in diese “Art der Ausbildung” investiert. Mehr allerdings auch nicht, denn ein Praktikum bei “Agentur” hat weitere folgende Eckdaten :

“Dauer: für 3 – 6 Monate; Vergütung: keine”.

Super Sache, oder ? Vor allem wenn man sich die Beschreibungen der einzelnen Aufgaben durchliest und da aller Nase lang das Wort “eigenverantwortlich” liest.

Als ob das aber noch nicht genug wäre findet man auf dem Blog von “Agentur” inzwischen folgende Umfrage :

“Warum sind Bewerber in Medienberufen heute immer häufiger nur noch Mittelmaß?

- Warum nicht. Es gibt genügend Job-Alternativen.
- Mehr braucht man heute in einer Redaktion nicht mehr.
- Die Unternehmen stellen viel zu hohe Anforderungen.
- Schule und Universität unterstützen Mittelmässigkeit.
- Eltern sind für die Jugend heute keine Vorbilder mehr.
- Die Bewerber sind frustriert weil perspektivlos.
- Sie mussten noch nie hart arbeiten. Das macht sie träge, unflexibel und selbstgefällig.
- Motivation resultiert aus Freude an der Arbeit, Lob, konstruktiver Kritik und Gehalt am Ende des Monats – diese Motivationsträger sind in Medienberufen rar. “

Abgesehen vom Zynismus der letzten Antwort in der Liste ist das ganze Ding ein klassischer Fall von Unverschämtheit. Ich geh jetzt aus Frust abwaschen. Schönen Abend noch.


4 Kommentare

  1. Tom | 16. Dezember 2006 at 10:07 | Permalink

    Kapitalismus in Reinkultur! und noch schlimmer als 1 € – Jobber!

  2. horatiorama | 16. Dezember 2006 at 10:50 | Permalink

    Lächerlich! Arbeit ohne Geld. Das geht nur bei gemeinnützigen. (Im übrigen gibt es auch noch schlimmere: ich denke da an die Firma, die für den Heimatfernsehsender eine beliebte Geschichtsdoku über die Region macht: da gab es mal fast ein Jahr Vollzeit ohne Bezahlung…) Kann man nur ignorieren und boykottieren.

  3. Looza | 16. Dezember 2006 at 11:19 | Permalink

    um das praktikumsgesetz ist es leider auch wieder still geworden, aber da wär vermutlich auch fast die ganze medienbranche von leipzig zusammengebrochen.

  4. Looza | 16. Dezember 2006 at 11:22 | Permalink

    also wenn die arbeit doch tatsächlich von normal beschäftigten und bezahlten angestellten gemacht werden müßte … grusel.

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